Landgraf Moritz von Hessen-Kassel

(* 25.05.1572 in Kassel bis † 15.03.1632 in Eschwege)

genannt „der Gelehrte“, trat 1605 zum Calvinismus über. Nach dem Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens („Cuius regio, eius religio“) hatte der Landesherr das Recht, einen Bekenntniswechsel auch bei seinen Untertanen durchzusetzen. Allerdings war der Augsburger Religionsfrieden nur zwischen Lutheranern und Katholiken geschlossen worden, und seine Anwendbarkeit auf Reformierte war fragwürdig. Auf jeden Fall ging Moritz über den Auslegungsspielraum hinaus, als er das reformierte Bekenntnis auch in den Landesteilen einführte, die 1604 bei der Aufteilung der Erbmasse der ausgestorbenen Linie Hessen-Marburg an Hessen-Kassel gekommen waren und für die ein Konfessionswechsel durch testamentarische Verfügung ausgeschlossen war. Rechtswidrig war ebenso der erzwungene Konfessionswechsel an der gesamthessischen Universität Marburg, der 1607 die Gründung der lutherischen Universität Gießen durch Hessen-Darmstadt zur Folge hatte. Er war der Sohn des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen-Kassel und dessen Ehefrau Sabine von Württemberg, galt als “umfassend gebildet”, mit einer Erziehung, die ganz im Sinne von Philipp Melanchthon und Martin Bucer ausgerichtet war. Reformiert wurde er aber erst durch den Einfluss seiner beider Ehefrauen. Moritz soll acht Sprachen gesprochen haben, war naturwissenschaftlich interessiert und alchemistischen Experimenten gegenüber nicht abgeneigt. Prunkvolle Aufzüge, Ritterspiele und Allegorien waren sein Ding. Er ließ das Ottoneum in Kassel, den ersten eigenständigen Theaterbau im deutschsprachigen Raum, bauen, war kundiger Musiker und ernstzunehmender Komponist, der Heinrich Schütz entdeckte und förderte.

Verheiratet war er mit Agnes von Solms-Laubach, die am 23. November 1602 verstarb und mit der er eine Tochter und zwei Söhne, darunter den späteren Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel, hatte. Nach dem Tod seiner ersten Frau ging er am 22. Mai 1603 mit Juliane von Nassau-Dillenburg eine zweite Ehe ein. 14 Kinder hatten die beiden, Juliane setzte durch, dass ihre Kinder ein Viertel von Hessen-Kassel als erbliche Lehen erhielten (Rotenburger Quart). So entstanden mit den drei überlebenden Söhnen Julianes – Hermann von Hessen-Rotenburg, Friedrich von Hessen-Eschwege und Ernst von Hessen-Rheinfels – die landgräflichen Nebenlinien Hessen-Rotenburg, Hessen-Eschwege, Hessen-Wanfried und Hessen-Rheinfels (jüngere Linie).

1598 wandelte Moritz seine Pagenschule in eine Hofschule für Adelige und Bürger um. Daraus entstand später das Collegium Mauritianum, das 1618 nochmals modernisiert und zum Collegium Adelphi Mauritianum umgewandelt wurde. Als erster Präfekt wurde Ernst von Börstel gewonnen.

Moritz agierte in seiner Regierungszeit öfters unglücklich und verlor zunehmend das Vertrauen der Landstände. So führte er riskante Aktionen an der Peripherie seines Territoriums durch, wie etwa den katastrophalen Feldzug an den Niederrhein gegen die spanische Besetzung des Hochstifts Münster 1598/99 oder die gescheiterte Besetzung der Koadjutorenstelle des Hochstifts Paderborn 1604. Ab 1604 kam es im Zuge des Marburger Erbschaftsstreits zu langwierigen Konflikten mit Hessen-Darmstadt. Moritz verlor dann 1623 einen Prozess am Reichshofrat, durch den er nicht nur die Marburger Erbschaft, sondern auch Teile Niederhessens sowie Schmalkalden und Katzenelnbogen als Kostenpfand abtreten musste. Seine Hinwendung zu landfremden Beratern vergiftete zusätzlich das Verhältnis zu den Ständen.

Im Dreißigjährigen Krieg, in dem Hessen zu den am stärksten verwüsteten Gebieten gehörte, brachte Moritz sich durch seine Parteinahme für die Protestantische Union und sein militärisches Engagement zugunsten des Dänenkönigs Christian IV. auch in Gegnerschaft zum Kaiser. In den frühen 1620er Jahren war die Ritterschaft nicht mehr bereit, dafür die hohen Kosten zu tragen. Endgültig brachte der Einmarsch ligistischer Truppen unter General Tilly den Bruch, als die Ständevertreter ohne Wissen des Landgrafen mit dem General in Verhandlungen traten. Moritz erhob darauf den Vorwurf des Landesverrats und verlor somit den letzten Rest Vertrauens der Stände. Am 17. März 1627 wurde er von den Landständen gezwungen, zu Gunsten seines Sohns abzudanken.
Bereits 1623 wurde Moritz durch Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Moritz erhielt den Gesellschaftsnamen „der Wohlgenannte“ und die Devise „in fleißiger Übung“. Als Emblem wurde ihm der Spindelbaum (Euonymus europaea L.) zugedacht. Im Köthener Gesellschaftsbuch der Gesellschaft findet sich Landgraf Moritz’ Eintrag unter der Nr. 80.
Nach seiner Abdankung im Jahr 1627 zog sich Moritz zunächst auf das Schloss Melsungen, dann nach Frankfurt zurück und machte später das Schloss Eschwege zu seinem Altersruhesitz. Oberhessen wurde an Hessen-Darmstadt abgetreten, und Moritzens Kanzleidirektor Dr. Günther wurde hingerichtet. Moritz fertigte auf Schloss Melsungen mehr als vierhundert Zeichnungen, Skizzen, Bestandspläne und Bauentwürfe an, die über die Stadt, ihren Grundriss und ihre Bauwerke am Anfang des 17. Jahrhunderts Aufschluss geben. Ferner war er damit beschäftigt, die Zukunft zu deuten und den Stein der Weisen zu suchen.
Landgraf Moritz starb im Alter von 60 Jahren am 15. März 1632 in Eschwege. Zu seinen Ehren wurde die voluminöse Gedenkschrift Monumentum Sepulcrale gedruckt. (Wikipedia)